Neuer Avenga-CEO: Ludovic Gaudé übernimmt von Yuriy Adamchuk
Avenga, eine globale Engineering- und Beratungsplattform, hat bekannt gegeben, dass Ludovic Gaudé mit sofortiger Wirkung zum neuen CEO ernannt wurde.
Ein Interview zur digitalen Barrierefreiheit mit Markus Meyer, Competence Director Quality Management at Avenga Germany.
Meiner Erfahrung nach sind immer noch viele Unternehmen in Deutschland in diesem Bereich unzureichend aufgestellt. Oftmals liegt der Fokus primär auf dem äußeren Erscheinungsbild, wie Layout, Design und natürlich der Funktionalität. Auch wenn Aspekte wie Benutzerfreundlichkeit und Nutzbarkeit wichtig sind, wird die technische Umsetzung mit Fokus auf Barrierefreiheit dabei oft vernachlässigt. Insgesamt würde ich sagen, dass viele Unternehmen in dieser Hinsicht Verbesserungspotenzial haben.
Ich denke, das liegt daran, dass die Menschen, die Webseiten erstellen und gestalten, oft selbst nicht zu diesen Nutzergruppen gehören. Da der Großteil der Internetnutzer z.B. keine in diesem Kontext gravierende Sehbeeinträchtigung. hat, fällt es vielen Verantwortlichen schwer, diese Aspekte bei der Gestaltung und dem Bau von Webseiten und Anwendungen angemessen zu berücksichtigen.
Es stellt sich zunächst einmal die ganz grundsätzliche Frage: Was kann ein Unternehmen überhaupt selbst erledigen und wofür hat es die Ressourcen? Es ist schließlich nicht so, dass es “nur” um Sehbeeinträchtigungen geht. Es gibt viele Facetten, die zu beachten sind: Gibt es Audioinhalte, die auch für Menschen mit Schwerhörigkeit zugänglich sein müssen oder ist die App/Website auch per Tastatur bedienbar?
Eine große Herausforderung beim Testen auf solche Aspekte ist, dass damit oft eine einzelne Person beauftragt wird. Das birgt die Gefahr, dass der testende Mensch aufgrund der eigenen Wahrnehmung nicht alle Aspekte erkennt. Deshalb sollten im Idealfall mehrere Personen eine Webseite oder eine App testen, um verlässliche Ergebnisse zu erhalten. Doch das erfordert Ressourcen, die nicht jedes Unternehmen hat.
Beim anfänglichen Testen beginnen wir mit der Startseite, wenden standardisierte automatische Tests an, sorgen für eine übersichtliche Auswertung und führen anschließend weitere explorative Tests durch. Zusätzlich empfehlen wir, anschließend für die wichtigsten Workflows die gleiche Methodik anzuwenden und die dafür verwendeten Oberflächen näher zu betrachten. Das ist natürlich individuell je nach Umfang der Workflows, aber sollte in der Regel bei ca. bis zu 2 Wochen für die Erstanalyse liegen. Zusätzlich müssen diese Testschritte in den – heutzutage meist agilen – Softwareentwicklungsprozessen für zukünftige Weiterentwicklungen mit aufgenommen und gelebt werden.
Wie lange anschließend die Umsetzung der notwendigen Anpassungen dauert, variiert sehr stark und hängt von der vorhandenen Softwarearchitektur ab. Wenn die Webseite architektonisch ungünstig aufgebaut ist und keine Frameworks oder wiederverwendbaren Pattern Libraries verwendet, müsste man theoretisch jede Seite einzeln überarbeiten und manuell Anpassen. Das kann durchaus mit erheblichem Aufwand verbunden sein. Deshalb sollte im Rahmen der digitalen Barrierefreiheit auch über die Softwarearchitektur gesprochen werden. Gegebenenfalls muss die Seite unter Berücksichtigung einer sauberen Architektur neu gestaltet werden.
Wer erst jetzt anfängt, sich mit Barrierefreiheit zu beschäftigen, ist tatsächlich spät dran, nicht früh. Unternehmen sollten das Thema unbedingt angehen, es ist “Last Minute”-Zeit. Zunächst sollte möglichst schnell eine GAP-Analyse durchgeführt werden, dann bleibt im besten Fall noch genug Zeit, alle nötigen Anpassungen kontinuierlich vorzunehmen.
Wie steht es mit Ihren Produkten und Dienstleistungen? Sind Sie auf die Anforderungen der digitalen Barrierefreiheit vorbereitet? Finden Sie heraus, welche Maßnahmen und Anpassungen noch vor Ihnen liegen. Zum BFSG Leitfaden
Häufige Fehler sind unzureichender Kontrast, unzureichende Bedienbarkeit mit der Tastatur und falsche Reihenfolge der Tab-Navigation. Dies sind klassische Probleme, die immer wieder auftreten.
Im Idealfall sollte digitale Barrierefreiheit bereits bei der Konzeption berücksichtigt werden, denn die Softwareentwickler entwickeln das Design basierend darauf. In der Praxis ist dies jedoch selten der Fall. Meistens wird Barrierefreiheit erst nachträglich berücksichtigt, wenn überhaupt.
Im Fokus von Softwareentwicklungsprojekten stehen nach wie vor zunächst die funktionalen Anforderungen, gefolgt von nicht funktionalen Anforderungen wie dem grafischen Design und der Usability. Erst dann folgen weitere Themen wie technische Performance, Stabilität, Erweiterbarkeit, Skalierbarkeit, IT-Sicherheit und dann irgendwann auch die Accessibility. Alle diese Themen sind relevant und grundsätzlich für Softwareentwicklungsprojekte zu betrachten. Allerdings fehlt es oft an Expertise, an Budgets oder man ist einfach in Unkenntnis darüber, weil das Gesetz zur digitalen Barrierefreiheit noch kein Thema war.
Ich vermute, dass echte Veränderungen erst mit den ersten öffentlichkeitswirksamen Strafen eintreten werden. Viele Unternehmen haben das Thema derzeit nicht auf dem Schirm, aber das wird sich bald ändern.
Der Bedarf an digitaler Barrierefreiheit ist lange bekannt. Doch aufgrund von Kosten, Ressourcenmangel und fehlenden Sanktionen hat sie in Softwareentwicklungsprojekten keine höhere Priorität erhalten. Selbst nach den Anpassungen durch den Gesetzgeber mit der BITV wurde Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft nicht als hartes Erfolgskriterium etabliert. Jetzt läuft es wohl ähnlich wie bei der “Anbieterkennzeichnung” oder dem “Impressum”, das erst mit dem Telemediengesetz von 2007 verpflichtend wurde und durch “Abmahnanwälte” Medienpräsenz erhielt, was es heute zur Norm macht.
Dass es jetzt mit dem BFSG ein Gesetz unter Strafandrohung gibt, wäre dabei eigentlich nicht nötig gewesen. Schon heute ermöglicht die Beachtung von Barrierefreiheit ganzen Nutzergruppen den Zugang, die sonst ausgeschlossen wären. Welches Zuführungskonzept kann von sich behaupten, mindestens 10% mehr Nutzer zu generieren? Es hätte daher immer schon im Interesse der Softwarehersteller und Auftraggeber liegen müssen, Barrierefreiheit zu beachten.
Im Alltag des QA-Testings gibt es viele Dinge zu beachten. Wir möchten sicherstellen, dass Webseiten für alle Menschen, einschließlich solcher mit Beeinträchtigungen, zugänglich sind. Dazu nutzen wir verschiedene Werkzeuge und Techniken.
Zuerst verwenden wir Verifikatoren im Internet. Das sind spezielle Werkzeuge, mit denen wir die Webseite testen. Wir überprüfen, ob Bilder und alternative Texte richtig eingestellt sind, damit Menschen, die Schwierigkeiten beim Sehen haben, die Webseite verstehen können. Wir schauen auch nach Dingen wie ARIA-Attributen, die die Interaktion mit der Seite erleichtern können.
Zusätzlich zum technischen Test ist es wichtig, die Webseite auf Benutzerfreundlichkeit zu prüfen. Hierzu führen wir sogenannte explorative Tests durch, bei denen wir verschiedene Szenarien simulieren. Zum Beispiel testen wir, wie einfach die Seite mit nur einer Hand bedienbar ist.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Menschen die Webseite auf die gleiche Weise nutzen. Einige haben spezielle Bedürfnisse, und wir möchten sicherstellen, dass die Webseite für sie genauso gut funktioniert. Manchmal erstellen wir daher verschiedene Versionen einer Seite, um unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden. Zum Beispiel könnte es neben der heutzutage üblichen Version auch eine mit speziellem Fokus auf Barrierefreiheit geben. Ähnliches gab es schon in der Vergangenheit, als mobile Versionen, bedingt durch einen anderen Nutzungskontext und technischen Hürden, von der Desktopversion abgewichen sind. Optional führen wir auch Tests durch, bei denen Menschen mit Beeinträchtigungen die Webseite genau unter die Lupe nehmen und uns ihr subjektives Feedback geben.
Das Ziel der digitalen Barrierefreiheit ist es, sicherzustellen, dass alle Menschen die gleichen Chancen haben, Webseiten und Dienste zu nutzen. Das betrifft besonders diejenigen, die bisher Schwierigkeiten hatten, beispielsweise Menschen mit Behinderungen oder Einschränkungen. Barrierefreiheit erhöht die Zahl der Menschen, die am angebotenen Service teilhaben können. So spricht man von 10-30 % der Bevölkerung, die davon betroffen ist und damit ein enormes Wachstumspotential für die angebotenen Services darstellen. Letztendlich ist es eine Sache, die uns alle angeht, denn es geht hier um Chancengleichheit. Jeder sollte die Möglichkeit haben, im digitalen Zeitalter teilzuhaben.
Abgesehen von moralischen Überlegungen oder den aufgezeigten wirtschaftlichen Potenzialen gibt es auch rechtliche Konsequenzen. Wenn Unternehmen die Barrierefreiheit vernachlässigen, könnten sie mit teils signifikanten Strafen belegt werden. Und außerdem geht es hier natürlich auch um die Reputation: Unternehmen möchten nicht als ignorant oder gleichgültig angesehen werden. Sie müssen also sehr, sehr bald entscheiden, ob sie lieber schlecht dastehen und Strafen zahlen oder nicht doch die digitale Barrierefreiheit sicherstellen möchten.
Viele Unternehmen haben derzeit noch Schwierigkeiten, die Anforderungen an die Barrierefreiheit zu erfüllen. Das liegt in den meisten Fällen an fehlenden internen Kapazitäten oder mangelnder Fachkenntnis rund um die Barrierefreiheit.
Ein erfahrener IT-Dienstleister wie Avenga unterstützt Sie dabei, sich auf die Umstellung zur Barrierefreiheit vorzubereiten, ein ansprechendes barrierefreies Design umzusetzen und den Anforderungen des BFSG pünktlich gerecht zu werden. Sprechen Sie uns an!
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